Lärm, Alkoholmissbrauch und zurückgelassener Müll haben Anwohner gegen feiernde Jugendliche im Stadtteil Broda aufgebracht. Chefreporter Mirko Hertrich sprach mit dem Hochschulprofessor und SPD-Landtagskandidat Robert Northoff über Möglichkeiten, die Situation zu befrieden.

Dieser Text erschien am 5. Januar 2021 im Nordkurier.

Nordkurier: Wie bewerten Sie die geplante Einrichtung einer Arbeitsgruppe, die sich Gedanken macht über ein geeignetes Instrument der künftigen Jugendbeteiligung in der Stadtpolitik?

Robert Northoff: Grundsätzlich ist es eine gute Idee, die Jugend und ihre Sorgen kommen wieder in den Blick. Man kann dort über grundsätzliche Fragen wie Motivation junger Menschen, Diskussionsstrukturen und Netzwerke sprechen. Es ist aber wichtig, dass wir dort nicht nur Stadtvertreter, sondern auch junge Menschen drin wiederfinden. Für Broda mit seinen Problemen dauert das aber zu lang. Es ist doch – erst recht nach Corona – absehbar, dass die jungen Menschen im Frühjahr nach draußen strömen werden und abfeiern wollen. Wir sollten also jetzt eine Lösung entwickeln.

Was sonst könnte man Ihrer Ansicht nach tun?

Ein guter Weg ist es, alle Betroffenen zu beteiligen. Das ist bei den Jugendlichen nicht so einfach, denn die sind keine homogene Gruppe und für viele von ihnen sind Parlamente nicht sonderlich attraktiv. Wir brauchen also ein niedrigschwelliges und flexibles Diskussionsangebot, welches zudem noch zielstrebig ausgerichtet sein sollte.

Wie könnte ein solches aussehen?

Man könnte eine Open-Space-Veranstaltung organisieren. Diese Methode hat sich bei Problembearbeitungen durch größere Gruppen bewährt. Man müsste breit einladen, beispielsweise für einen Freitagabend und einen Samstagmorgen; über den Nordkurier, aber auch über die sozialen Medien; in die Hochschule, wenn Corona das zulässt, oder mit AHA-Regeln an den Strand, notfalls auch online mit Spots, an denen sich diejenigen einbringen können, die keinen Laptop haben.

Welche Themen sind da vorstellbar?

Nehmen wir das Thema Alkohol, da brauchen wir nicht so sehr den Mannschaftswagen der Polizei mit Blendscheinwerfern, sondern eher mal ein entspanntes Ordnungsamt und Jugendamt gemeinsam auf abendlicher Tour. Das Ordnungsamt kann dann die Einhaltung des Ausschankverbots von Alkohol an unter 16-Jährige checken, das Jugendamt kann Hilfe nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz anbieten, denn Sucht ist bekanntlich auch Flucht aus der Realität und wer unter 16 Jahre alt und besoffen ist, der braucht Hilfe.

Oder das Thema Müll. Natürlich müssen da erst mal genügend Müllboxen stehen. Aber wir müssen auch das kritische Bewusstsein bei den Betroffenen stärken. Das eine ist es, am Freitagmorgen die Schule zu schwänzen, um die Erwachsenen auf den Klimawandel aufmerksam zu machen, das andere ist es am Freitagabend dafür zu sorgen, dass dann Saftdosen, Bierflaschen, Pappbecher und Fastfood-Tüten wieder mitgenommen werden. Da müssen wir die umweltbewussten jungen Menschen stärken, die können dann auch mal abends initiativ werden und die haben dann einen Bürgerpreis verdient.

Oder das Thema Lärm. Man kann da Lärmschutzregeln vereinbaren. Um die Rücksichtslosen muss sich dann das Ordnungsamt kümmern, man darf dann auch mal nachts voll aufgedrehte Musikboxen zeitweilig konfiszieren. Oder wir setzen da mal konstruktiv dagegen, und die Theater und Orchester gGmbH gibt da an einem lärmenden Hotspot abends mal ein kleines Konzert und man kann mit der Theaterpädagogin über Musik diskutieren.